Die Zukunft personalwirtschaftlicher Software heißt
„Collaborative Cloud Solutions“

Das Ende naht: SAP HCM wird nur noch für rund fünf Jahre bzw. mit einer optionalen individuell zu verhandelnden „Extended-Wartung“ bis Ende 2030 unterstützt. Für alle Kunden die SAP HCM per Compatibility Pack innerhalb von S / 4 HANA nutzen, drängt die Zeit. Der Umstieg ist bis 2025 erforderlich.

Es gibt ja einen Nachfolger: SAP HCM for SAP S / 4 HANA (kurz H4S4). Wo aber stehen die Unternehmen heute, wenn es um den „Umzug“ zum Nachfolger geht? Ein Großteil der HCM-Anwenderunternehmen des Walldorfer Softwareunternehmen sind noch immer auf der on-premise Version SAP Business Suite 7 bzw. Enterprise Resource Planning (ERP 6.0). Klar, in so manchen dieser Unternehmen
wurde bereits über den anstehenden Release-Wechsel hin zur neuesten On-Premise-Lösung für HR, dem H4S4, das ab Q4 / 2022 verfügbar ist, diskutiert. Alles neu, alles besser?

Aus heutiger funktionaler Sicht sind von SAP für H4S4 weder neue Funktionalitäten noch künftige Innovationen geplant. Tatsächlich fallen einige Anwendungsbereiche, wie zum Beispiel das recruiting (PA-RC) und die Seminarverwaltung (PE) aus dem Talent Management, sogar weg. Bei den HR-Kernthemen sind dies beispielsweise der Manager’s Desktop (PA-MA), das Kostenplanungsmodul (PA-CM-CP) sowie das JAVA-Learning-Modul. Neu ist da dann nur das Gewand: In H4S4 werden visuelle Verbesserungen versprochen.
Voraussetzung für H4S4 ist der Umstieg auf die S/4 HANA-Datenbank. Dieser ist aus technischer Sicht und vom Umfang her am ehesten mit der Unicode-Umstellung vor einigen Jahren vergleichbar. Mit einer Datenbereinigung, gegebenenfalls einzelner Umstellungen wegen wegfallender Funktionalitäten, ergibt sich dann ein teils neuer „Look“.

Wer dann auf H4S4 migriert, hat die Möglichkeit, einen finalen Umstieg in die Cloud zu SAP SuccessFactors bis mindestens 2040 zu verschieben.

Reicht das wirklich für ein modernes People Management?

SAP verdeutlicht, dass alle innovativen HR-Themen und -Lösungen fortan nur in SuccessFactors realisiert werden (können). Daraus ergeben sich zahlreiche, nicht zu unterschätzende Konsequenzen.

a) Transformale Aspekte

Personalabteilungen mit Nachholbedarf in Sachen Prozessreifegrad, Automatisierungsintensität (bspw. auch durch Einsatz von KI), Employee Experience sollten eher gleich die Option einer Cloudlösung wie SAP SuccessFactors, Workday, Oracle HCM Cloud oder einer anderen Alternative in Betracht ziehen. Weiterhin gilt dies auch für Personalabteilungen, die die Fokussierung ihrer Leistungsportfolios auf den Business Impact, Big Data und Personal Analysis auf ein neues Level heben wollen oder aber Nachholbedarf zu Governance Themen haben.

b) Aspekte des HR-Wertbeitrags

Der zunehmende Fachkräftemangel und die Nachwehen der Corona-Pandemie mit Blick auf neue Arbeitsformen, führen ebenfalls zur Notwendigkeit die HRIT-Strategie zu überdenken.

c) Der Aspekt der sich verändernden „HR-Welt“

Viele Personalbereiche erleben aktuell eine Veränderung ihres Aufgabenbereiches.
Im klassischen Personalmanagement ging es vornehmlich um Verwaltung, Wohlbefinden und eine Stärkung der Arbeitsbeziehung. Heute und in Zukunft wandelt die Rolle des Mitarbeiters komplett. Er rückt tatsächlich als wichtigste, knappe Ressource in den Mittelpunkt. Personalentwicklung, -gewinnung und -bindung sind erfolgsentscheidende HR-Aufgaben. Heute geht es im People Management im Wesentlichen um die Gestaltung und das Vorantreiben der digitalen Transformation. Für aktiv gestaltende Mitarbeiter benötigt es ebenso
moderne „colla-borative Plattformen“, was die Empfehlung nahelegt, sich gleich mit diesen auseinanderzusetzen.

Was wirklich tun?

Eine gute HR-Abteilung ist heute mehr denn je ein echter Wettbewerbsvorteil – schlechtes Personalmanagement eine immense Wachstumsbremse!

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass die Entwicklung eines HR-Zielbildes in der Kombination mit operativer Excellence sowie dem damit verbunden Transformationsansatz und der Ableitung einer HR-IT-Landschaft, meist mehrere Jahre benötigt. Vor dem Hintergrund der Ankündigung von SAP zum Wartungsende 2027 muss also rasch losgelegt werden, wenn der Anschluss nicht verpasst werden soll.

Die Einführung einer Cloud-basierten Lösung für das People Management braucht mehr als nur eine IT-Strategie. Neue Target-Interacting-Modelle (TIM) haben Einfluss auf die HR-Organisation, das Target-Operational-Modell (TOM) und somit das gesamte Unternehmen. Aufgaben verändern sich. Menschen sind aufgefordert, ihre Komfortzone zu verlassen und sich auf eine abgestimmte gemeinsame Reise in die „neue Welt“ zu machen.

Kurz gesagt: Mit einer Cloud-basierten Lösung kommt die Herausforderung der Digitalisierung als ganzheitliches Thema. Eine althergebrachte, eindimensionale Sichtweise auf eine reine technische Migration greift viel zu kurz.

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Ein Artikel von Gastautor Andreas Mebs. Er ist Senior HR-Experte und Kooperationspartner der Blue Mind Consulting GmbH

Seine rund 30-jährige HR-Erfahrung erwarb er

• in unterschiedlichsten Fach- und Führungsrollen im HR-Bereich, zuletzt als EVP
HR bei ProSiebenSat1 Media SE
• in der HR- / HR-IT-Beratung mit Führungsrollen u. a. bei Kienbaum, Detecom
International (Member of Deutsche Telekom Group) sowie
• in der HR-IT in verantwortlichen Rollen u. a. bei PeopleSoft (heute Oracle) und
ORGA (einem SAP- Systemhaus)