Festpreise für Schnäppchenjäger?

Transformationsinitiativen mit einem nach außen gerichtetem Fokus, lassen sich oftmals schnell, risikominimiert und mit kleinen Budgets durchführen.
Bei Anpassungen und Neueinführungen von geschäftskritischen IT-Lösungen – insbesondere im Bereich Produktion, Warenwirtschaft und Logistik – haben Transformationsprojekte nach wie vor andere Zeit, Budget und Risikodimensionen.

Gleichwohl ist eine Aktualisierung oder Neueinführung eines integrierten Warenwirtschaftssystems in vielen Unternehmen mehr als überfällig und stellt eine der wesentlichen Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Bis 2027 allein stehen tausende SAP-Bestandskunden vor der Frage einer geeigneten Einführung von S/4 HANA oder der Wahl von Alternativen.

Neben der Auswahl der richtigen ERP-Software stehen weitere Kriterien im Mittelpunkt der Entscheider. Denn: Die Anforderungen an ein Warenwirtschaftssystem werden durch Möglichkeiten der Digitalisierung umfangreicher. Die Harmonisierung von Geschäftsprozessen, Nutzung von Synergieeffekten und Verbesserungspotentialen und gleichsamen Abbau von Redundanzen und unnötigen Schnittstellen stehen im Fokus. Der Aufbau einheitlicher, standardisierter Strukturen und die Verfügbarkeit übergreifender real-time Daten, eröffnen neue Sichtweisen auf etablierte und potenzielle, neue und innovative Geschäftsmodelle. Als weitere Aspekte rücken Compliance und Security in den Fokus, insbesondere bei Software as a Service (SaaS,) Infrastruktur as a Service (IaaS) und Cloud vs. On-Premise Überlegungen. Die SAP AG bietet seit einem Jahr sogar mit Ihrem Programm RISE with SAP die gesamte Business Transformation as a Service an.

Solche systemischen Umwälzungen kosten Geld. Wie viel, hängt auch von Antworten auf Fragen ab wie: Wie individuell bin ich noch bei der Ausgestaltung meiner IT-Lösung in der Cloud? Wie hoch und verlässlich kalkulierbar sind meine IT-Kosten und wie erhalte ich meine IT-Souveränität?

No risk, no fun?

Die Komplexität entsprechender unternehmerischer Überlegungen, lässt viele Entscheider dann doch auf die Bremse treten, wie eine aktuelle Umfrage der deutschsprachigen SAP Anwendergruppe DSAG in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Pendant ASUG zeigt (S/4HANA-Planungen der Kunden verzögern sich – IT-Onlinemagazin).

Risikominimierung ist bei vielen das Gebot der Stunde, trotz drängender Herausforderungen und neuer digitaler Chancen. Neben einer rein technischen Betrachtung in Hinblick auf den geeigneten Migrations- und Implementierungsansatz (Brownfield, Greenfield, Bluefield) und Überlegungen zur Datenmigration, sind vor allem Kostenaspekte entscheidend.

Eine von Trovarit durchgeführte Studie mit mehr als 2000 ERP Anwendern bestätigt, dass 43,5 % der ERP-Projekte das Budget signifikant überschreiten. ERP in der Praxis – Trovarit – the IT-Matchmaker.

Als Antwort bieten zahlreiche Implementierungspartner bereits gesamte ERP-Transformationen zum Festpreis mit Werksvertrag und Garantie an, die eine Budget-Sicherheit und die gegenseitige Risiko-Absicherung versprechen.

Ist der Festpreis aber die Antwort, der Sicherheitsgarant und Lösung zur Risikominimierung?

Die Herausforderung bei Werksverträgen ist, dass ein Gewerk eine klare Spezifikation und vorab definierte Abnahmekriterien benötigt. Voraussetzung hierfür ist eine kompromisslose Einführung der ERP-Standardlösung ggf. ergänzt durch branchenspezifische Add-Ons und kleinere individuelle Anpassungen, die bewusst als Investitionsentscheidung bewertet werden.

Die Praxis zeigt, dass der weitaus größere Teil der ERP-Nutzer allerdings auf wesentliche Anpassungen und damit auf ein individuelles ERP-System nicht verzichten können. Für diese kundenspezifischen Applikationsinstanzen ist zudem eine flexible und skalierbare Infrastruktur notwendig, wodurch klassische Cloud-Szenarien mit vermeintlichen Kostenvorteilen auf Machbarkeit überprüft werden müssen.

Eine weitere Herausforderung und wesentlicher Erfolgsfaktor liegt in der organisatorischen Transformation.

Mit digitalen Technologien rücken Lieferketten enger zusammen. Lieferanten, Mitbewerber und Kunden nehmen aktiv am Design- und Produktionsprozess teil. Unternehmens- und Bereichsgrenzen verschmelzen. Kooperation statt Wettbewerb ist Teil des digitalen Mindsets. Damit liegt die Aufgabe neben der rein softwareseitigen Einführung einer ERP-Lösung zusätzlich in der Neuausrichtung der unternehmenseigenen Geschäftsprozesse und Umgestaltung und Anpassung der gesamten Organisation. Dieser große Veränderungsprozess wird begleitet durch Unsicherheit und Widerstand in den eigenen Reihen und erfordert neben einer klaren Top-Management Unterstützung, intensives Change-Management.

Ein Erfolgsfaktor und Innovationstreiber ist zusätzlich eine agile Projektvorgehensweise, die Flexibilität zur Anpassung und Neuausrichtung der ERP-Lösung bietet und alle Beteiligten in die Gestaltung einbindet.

Der Versuch dies mit fest definierten Standardlösungen zu kombinieren, die vertraglich in Werksverträge mit Abnahme- und Mitwirkungsleistungen zu einem Festpreis gebunden sind, scheint per Definition ein Widerspruch.

Wie kann Risikominimierung und Budgetrestriktion dennoch gelingen?

• WIR – Verständnis für Risiko, Chance und Dringlichkeit in den eigenen Reihen mit konsequenter Top-Management Unterstützung (Call to Action) und gemeinsames organisatorisches Change-Management während der gesamten Transformationsphase;
• MACHEN – schnelle Umsetzung mit motivierenden (Teil-)Erfolgen erzeugen Lerneffekte und verringert das Umsetzungsrisiko. Die Einteilung in Projektphasen mit abgrenzbaren und messbaren Ergebnissen mit fest definierten Zeiträumen, ermöglichen die Definition von festpreisfähigen Qualitätszielen;
• GEMEINSAM – ganzheitlicher, organisationsübergreifender, ende-zu-ende Blick auf Geschäftsprozesse und Business-Entscheider mit Weitblick in den Fahrersitz und nicht daneben;
• ZUKUNFT – klare Definition, Kommunikation, kontinuierliche Überprüfung und konsequente Ausrichtung der Transformation auf strategische Zielvorgaben.