IT-Strategie oder Bäumchen wechsel Dich?

Es kommt so sicher wie Weihnachten und beinahe ebenso häufig. Ob wegen neuer digitaler Geschäftsmodelle, Unzufriedenheit der Business Units oder einer neuen Ausrichtung des Unternehmens, ein neuer CIO muss her. Und ist der erstmal da, nimmt er das Heft des Handelns entschlossen in die Hand. Eine neue IT-Strategie steht ganz oben auf der Agenda. Jeder digitale Stein wird umgedreht, Systeme und Programme auf den Prüfstand gestellt. Nach der Analyse folgt der Umsetzungsplan und dann heißt es: Machen!

Klingt übertrieben? Eigentlich nur ein bisschen. Laut CIO-Magazin wechseln Chief Information Officer (CIOs) im Durchschnitt alle vier Jahre ihr Unternehmen. Mittelfristig gesetzte Ziele werden in der Regel für drei bis fünf Jahre verfolgt. Langfristig gesetzte Ziele sogar für länger. Die Folge: Mitarbeiter von IT-Abteilungen stehen unter enormem und kontinuierlichem Veränderungsdruck. Gefühlt laufen sie wie Hamster im Käfig immer neuen Zielen nach, die sie nicht nur längst aus dem Blick verloren haben, sondern deren Sinn und Zweck sich ihnen gar nicht mehr erschließen kann. Im Ergebnis entstehen immer neue, fragmentarische IT-Landschaften, die von unzufriedenen Mitarbeitern mehr schlecht als recht beackert werden. Und der Kreis schließt sich, wenn Business Units die IT-Abteilung aufgrund fehlender Kontinuität wegen falsch verstandenem Innovations-Aktionismus immer negativer bewerten.

Was also tun, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Die meisten Unternehmen haben verstanden, dass Mitarbeiter bei Veränderungsprozessen nicht nur abgeholt, sondern mitgenommen werden müssen. Unter dem Begriff „Change Management“ wird die Veränderungsfähigkeit des Unternehmens bzw. der Mitarbeiter thematisiert. Leider liegt dem richtigen Gedanken aber oft der Trugschluss zugrunde, schuld an der herrschenden Verwirrung und mangelnden Motivation seien eben gerade die Mitarbeiter, die Veränderungen kritisch gegenüberstehen.

Es beginnt im Bauch

Insbesondere das mittlere Management ist gefragt, wenn es um Strategieumsetzung geht. Sie sind die Ebene, auf welcher sich die Anforderungen der obersten und der untersten, sehr operativ denkenden Führungsebene permanent begegnen. Glaubt man einigen Berichten, wie u. a. einer Stepstone-Studie1, kennen 25 Prozent der Fachkräfte die Ziele des Unternehmens nicht. Bei Managern mit Personalverantwortung (z. B. mittleres Management) sind es 20 Prozent, die die übergeordneten Firmenziele nicht kennen. Wer die Ziele nicht versteht, kann sie auch nicht kommunizieren, geschweige denn andere motivieren, sie konsequent zu verfolgen. Jede Strategie ist nur so gut wie ihre Umsetzung. Die Umsetzung ist abhängig vom tiefen Verständnis aller Bestandteile einer Strategie. Dieses Verständnis muss über alle Bereiche hinweg bestehen. Das tiefe Verständnis der strategischen Initiativen im Unternehmen steigert die Veränderungsfähigkeit der Mitarbeiter. Damit die Umsetzung gelingen kann, müssen Unternehmen umdenken, ganz besonders in ihrer Zielsetzungs- und Definitionsmethodik. Ziele müssen, immer wieder, sinnhaft kommuniziert werden, die Veränderung in verdaubare Teilschritte zerlegt und Beteiligung transparent gemacht werden. Die agile Zielsetzungs- und Umsetzungs-Methodik OKR (Objectives & Key Results), die bereits von vielen Global Playern genutzt wird und auch in Deutschland immer mehr Anklang findet, ist ein kluger Ansatz, dies zu erreichen.

Das ABC des OKR

Das O in OKR beschreibt das Objective, also das Ziel, das erreicht werden soll. Es ist ambitioniert, enthält keine Zahlen und ist Outcome-getrieben. Letzteres bedeutet, dass bei der Formulierung der Objectives das zu erzielende Ergebnis betrachtet werden sollte. Die Buchstaben KR in OKR beschreiben die Key Results (Schlüsselergebnisse) und zeigen auf, welche Zahlen bzw. Faktoren sich verändern müssen, um das Ziel auch zu erreichen. Die maximal drei Key Results sind quantitativ und inhärent zeitlich eingegrenzt auf ein Quartal. Das tiefe Verständnis und die Abhängigkeiten von abteilungsübergreifenden Zielen wird hergestellt, indem OKRs nicht Top-down vorgegeben, sondern gemeinsam in einem Prozess erstellt werden. Nur wer von Anfang an in komplexe Veränderungen einbezogen wird, versteht die Sinnhaftigkeit, die Ziele und ist motiviert, alles dafür zu tun, diese auch zu erreichen. Durch dieses Vorgehen, das u. a. Google zum Wachstum verhalf, wird der teilweise in vielen Unternehmen gelebte langfristige und langwierige Zielsetzungs- und Umsetzungsprozess beschleunigt. Gepaart mit weiteren positiven Faktoren dieser Methodik, wie z. B.:

• Fokus
• Abstimmung
• Transparenz
• Ambitionen

werden Ziele nicht nur aufgesetzt, sondern von allen Beteiligten verstanden und nachhaltig verfolgt. Wird die OKR-Methode durch weitere Bestandteile erweitert, kann sie langfristig zur Krisenresistenz von Unternehmen beitragen. Die Erweiterungen des OKR-Konstruktes beinhalten Strategie und deren kontinuierliche Umsetzung. (Unternehmens-)Ziele müssen einer langfristigen Strategie folgen bzw. sich daraus ableiten. Diese Strategie muss von allen verstanden werden. Es müssen gemeinsam Wege der Umsetzung definiert werden, ohne den Lösungsraum einzuengen, aber mit klar vorgegebenen Leitsätzen in Form von gemeinsam definierten Schlüsselergebnissen. Jeder Zielformulierung muss eine Umsetzung zur Erreichung dieser Ziele folgen. Nur so kann Strategie mit Leben gefüllt werden – ganz egal wie oft eine CIO-Stelle aus-geschrieben werden muss.
Der permanente Wandel wird zur Basis innovativer Kontinuität, zu der jeder seinen Beitrag leistet, weil er weiß, was er warum tut.